Was ist ein Warehouse Execution System (WES)?
Ein Warehouse Execution System (WES) verbindet WMS und WCS. Erfahren Sie, wie es Lagerprozesse in Echtzeit steuert und optimiert.
Distributionszentren und lagerorientierte Unternehmen stehen heute unter steigendem Druck: steigende Auftragszahlen, kürzere Lieferzeiten und zunehmende Automatisierung verlangen nach Lösungen, die nicht nur Bestände verwalten, sondern Prozesse in Echtzeit steuern und optimieren können. Ein Warehouse-Execution-System (WES) erfüllt genau diese Funktion. Es sitzt zwischen einem reinen Warehouse Management System (WMS) und der Steuerung physischer Geräte (WCS) und sorgt dafür, dass Lagerprozesse effizienter, reaktionsschneller und transparenter werden.
In diesem Beitrag klären wir, wie ein WES funktioniert, worin es sich von anderen Systemen unterscheidet, welche typischen Features es mitbringt und warum Unternehmen, insbesondere mit hohem Automatisierungsgrad, ein WES kaum missen sollten.
Inhaltsverzeichnis
- WES: Eine Definition
- WES vs. WMS vs. WCS: Wer macht was?
- Vorteile
- Herausforderungen und mögliche Grenzen
- ERP und WES: Wie beides zusammenspielt
- Fazit
WES: Eine Definition
Ein Warehouse-Execution-System (WES) ist eine Softwarelösung, die den operativen Betrieb in Lagern und Distributionszentren in Echtzeit steuert. Es koordiniert zentrale Aufgaben wie Einlagerung, Kommissionierung, Nachschub, Versand und den Materialfluss. Besonders in Umgebungen mit hohem Automatisierungsgrad, etwa mit Fördertechnik, Robotik oder fahrerlosen Transportsystemen (AGVs/AMRs), sorgt ein WES dafür, dass alle Abläufe reibungslos ineinandergreifen.
Im Unterschied zu rein planerischen Systemen arbeitet ein WES dynamisch: Es passt sich sofort an Veränderungen im täglichen Geschäft an, priorisiert Aufträge nach Dringlichkeit und nutzt vorhandene Ressourcen optimal aus. Dadurch entsteht ein flexibles Steuerungsinstrument, das Unternehmen hilft, auch bei schwankender Nachfrage oder unvorhergesehenen Störungen die Produktivität im Lager hochzuhalten.
WES vs. WMS vs. WCS: Wer macht was?
Um die Bedeutung eines Warehouse-Execution-Systems (WES) zu verstehen, lohnt sich ein genauer Blick auf seine beiden eng verwandten „Nachbarsysteme“: das Warehouse-Management-System (WMS) und das Warehouse-Control-System (WCS).
Warehouse Management System (WMS): die Verwaltungsebene
Ein WMS übernimmt die strategische Verwaltung des Lagers. Es steuert Bestände, organisiert die Lagerplätze und verwaltet Aufträge. Mit einem WMS wissen Unternehmen jederzeit, wo sich bestimmte Artikel befinden, welche Bestände verfügbar sind und wie Aufträge priorisiert werden sollten.
Kurz gesagt: Das WMS sorgt dafür, dass die richtigen Daten und Informationen für die Lagerprozesse vorliegen, um Entscheidungen zu treffen und Aufgaben an die operative Ebene weiterzugeben.
Warehouse Control System (WCS): die Steuerungsebene
Das WCS kümmert sich um die physische Steuerung der eingesetzten Technik. Förderanlagen, Sortierer, Shuttle-Systeme oder Roboter erhalten ihre konkreten Bewegungsbefehle vom WCS. Dieses System arbeitet sehr nahe an der Hardware und stellt sicher, dass Maschinen reibungslos funktionieren, Materialien zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind und Störungen so schnell wie möglich behoben werden.
Warehouse Execution System (WES): die Brücke zwischen beiden Welten
Ein WES verbindet die strategische Verwaltung des WMS mit der direkten Steuerung des WCS. Es koordiniert nicht nur die Hardware, sondern berücksichtigt gleichzeitig Bestandsinformationen, Auftragsprioritäten und Ressourcenkapazitäten.
Das Besondere: Ein WES arbeitet in Echtzeit. Es reagiert sofort auf Veränderungen im Betrieb, zum Beispiel wenn eine Maschine ausfällt, plötzlich mehr Aufträge eingehen oder Engpässe entstehen. Damit schließt es die Lücke zwischen Planung und Ausführung und sorgt für eine reibungslose Verzahnung von Verwaltung und operativer Steuerung.
Kernfunktionen eines WES
Ein leistungsfähiges WES bietet typischerweise folgende Funktionen:
- Taskmanagement und Auftragspriorisierung: Aufgaben wie Kommissionieren, Einlagerung oder Versand werden gemäß Priorität und Ressourcenverfügbarkeit zugewiesen und angepasst.
- Ressourcennutzung und -steuerung: Personal, automatisierte Geräte, Fördertechnik und Lagerflächen werden so eingesetzt, dass Engpässe vermieden werden.
- Echtzeitdaten & algorithmische Optimierungen: Das WES nutzt Daten aus dem laufenden Betrieb (z. B. über Sensoren, Scanner, Roboter) und optimiert dynamisch Prozesse, z. B. wenn ein Gerät ausfällt oder Aufträge sich ändern.
- Nahtlose Integration mit WMS und WCS: Damit Planung und Ausführung sich nicht gegenseitig blockieren, muss das WES Informationen mit den anderen Systemen austauschen können.
- Optimierung der Materialflüsse: Wege der Waren, Lagerein- und -auslagerung, Pufferzonen, Nachschub – all das wird so gestaltet, dass Transportwege minimiert und Belegungsgrade optimal sind.
Vorteile
Der Einsatz eines WES bringt diverse Vorteile, die in modernen und automatisierten Lagern oft kritisch sind:
Zum einen werden Abläufe effizienter und schneller. Durch die Priorisierung von Aufträgen und flexible Anpassung bei Störungen sinken Durchlaufzeiten und Wartezeiten. Engpässe oder Unterbrechungen werden schneller erkannt und umgangen.
Zum anderen führt WES zu besserem Ressourceneinsatz und geringeren Kosten. Personal, Maschinen und automatisierte Einrichtungen arbeiten effizienter, Leerläufe werden reduziert und Fehler durch manuelle Steuerung verringert. Auch die Transparenz steigt, Verantwortliche haben Einblick in den aktuellen Status aller laufenden Prozesse, was bessere Entscheidungen ermöglicht.
Darüber hinaus verbessert sich die Lieferqualität: Lieferzeiten werden zuverlässiger, Bestände stimmen präziser, und es lässt sich besser auf Nachfrageschwankungen reagieren. In einem Umfeld, in dem Kunden pünktliche Lieferung, Flexibilität und Transparenz erwarten, ist das ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.
Herausforderungen und mögliche Grenzen
Ein WES bringt nicht nur technische, sondern auch organisatorische Herausforderungen mit sich. Die Kosten für Anschaffung, Schulung und Integration sind nicht unerheblich, besonders wenn bereits bestehende Systeme neu eingebunden oder modernisiert werden müssen.
Zudem erfordern Echtzeitprozesse und Automatisierungen eine stabile Datenbasis und hohe Datenqualität. Fehlerhafte Daten können falsche Priorisierungen oder ineffiziente Ressourcenzuweisungen verursachen.
Ein weiteres Hindernis ist die Komplexität bei der Integration unterschiedlicher Systeme (WMS, WCS, ERP etc.). Unterschiedliche Hersteller, Schnittstellen oder proprietäre Automatisierungstechnik können eine Herausforderung darstellen.
Auch die Akzeptanz durch Mitarbeitende darf nicht übersehen werden: Neue Prozesse, oft mit robotischen oder autonomen Komponenten, erfordern Schulungen, klare Verantwortlichkeiten und eine Kultur, die Veränderung erlaubt.
ERP und WES: Wie beides zusammenspielt
Ein ERP-System (Enterprise Resource Planning) bildet in der Regel das Rückgrat der übergeordneten Geschäftsprozesse: Einkauf, Verkauf, Bestandsführung, Finanzen und oftmals auch Teile der Planung. Ein WES ergänzt diese Struktur, indem es operativ auf der Ebene des Lagerbetriebs wirkt.
Durch die Anbindung des WES an das ERP wird sichergestellt, dass Planungsentscheidungen (z. B. über geplante Bestände oder Kapazitätsvorgaben) mit den operativen Ausführungsprozessen abgestimmt sind. Dies verhindert, dass strategische Vorgaben auf der einen Seite ignoriert werden, während operative Engpässe auf der anderen Seite entstehen. Ein gut integriertes WES-ERP-Setup erlaubt, dass Informationen wie Auftragsstatus, Bestandseinträge oder Maschinenausfälle in Echtzeit über das WES zurück ins ERP fließen – und umgekehrt.
Fazit
Ein Warehouse-Execution-System (WES) ist weit mehr als eine technische Ergänzung im Lager: Es schließt die Lücke zwischen reiner Lagerverwaltung und der physischen Ausführung. In automatisierten und stark frequentierten Distributionszentren ist ein WES kaum noch verzichtbar, denn es bringt operative Stabilität, bessere Ressourcennutzung und entscheidende Prozessgeschwindigkeit.
Unternehmen, die heute ein WES einsetzen oder planen, profitieren insbesondere dann, wenn sie klare Ziele definieren, bestehende Systeme sauber integrieren und Mitarbeitende von Anfang an mitnehmen. Wer diese Voraussetzungen schafft, kann mit einem WES nicht nur effizienter arbeiten, sondern auch agil auf Marktveränderungen reagieren und so einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil sichern.
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